Seit einer IT-Umstellung bei der Postbank häufen sich Kundenbeschwerden - die, so die Bank, aber nicht unbedingt damit zusammenhängen. In einem Fall, der FOCUS online berichtet wurde, verschwand tagelang eine größere Summe Bargeld.
Seit 43 Jahren ist Herbert S. (Name von der Redaktion geändert) Kunde bei der Postbank – und hatte nach eigenen Angaben nie Probleme. Das Rundum-Paket der Bank – mit Giro-, Tagesgeld- und Anlagekonto sowie einem Wertpapierdepot – ließ sich der Premium-Kunde S. sogar 10,90 Euro im Monat kosten.
„Anfang des Jahres war zunächst mein Online-Zugang fünf Wochen lang gesperrt. Dann habe ich bei der Postbank angerufen, und an der Hotline vertröstete man mich, das sei ein ganz seltenes Problem“, schildert S. den Beginn seiner Odyssee. Damals hieß es schlicht: warten. Besonders besorgt war S. zu diesem Zeitpunkt nicht, da am Bankautomaten noch alles funktionierte.
- Zum Thema: Kunden fassungslos: „Die Postbank lügt, wenn sie sagt, sie hat keine Probleme“
Doch dann kamen neue Probleme - zur selben Zeit, in der die Postbank eine größere Umstellung ihrer IT-Systeme vornahm. „Ich wollte einen größeren Betrag – über 30.000 Euro – überweisen, weg vom Anlagekonto hin zum Tagesgeld, weil ich nicht weiter in Aktien gehen wollte. Den Betrag habe ich auf den Cent genau eingegeben, und dann tat sich: nichts“, sagt S. gegenüber FOCUS online.
Auch hier dachte S. noch an einen Einzelfall und blieb positiv gestimmt. „Das Geld war noch da, es wurde nicht aufs Tagesgeldkonto übertragen.“ Eine Woche später kontaktierte die Bank S. auf dem Postweg. „In dem Brief stand, dass die Kontodeckung nicht ausgereicht hätte. Aber ich habe keinen Fehler gemacht. Ich hatte extra überprüft, dass alles auf Cent genau stimmte.“ Die Postbank stellte S. aber noch 0,68 Euro Servicegebühr in Rechnung - ein Standardbetrag, wenn eine Überweisung nicht ausgeführt werden könne, so die Bank auf Rückfrage von FOCUS online.
Postbank-Kunde: „Das Geld war sofort weg“
S. kontaktierte die Bank dann erneut über eine Hotline. „Doch die sind momentan einfach hoffnungslos überlastet“, so der Kunde. Und die örtliche Filiale war auch nicht geöffnet. Nach dem Schreiben fasste S. den Entschluss, die 30.000 Euro auf dem Anlagekonto einfach auf das Girokonto zu überweisen – und damit begann der große Ärger.
„Das Geld war sofort weg. Ich habe den Internetbrowser aktualisiert; früher sah man dort dann auch nach nur einer Sekunde, dass der Betrag von Konto A auf Konto B gewandert war. Doch dieses Mal war das Geld einfach weg, komplett weg, auf dem Gesamtsaldo nicht mehr auffindbar.“ Wieder wendete sich S. an die Hotline, hing aber nur in der Warteschleife.
Schließlich fuhr S. zur nächsten größeren Filiale. „Die wussten auch nicht, wo das Geld war und riefen dann in der Zentrale an. Und selbst sie konnten sehen: Das Geld ist weg – nur, wohin? Der Betrag war nicht auffindbar.“ Von den Mitarbeitern hieß es dann: ein paar Tage oder eine Woche abwarten, oder eine Beschwerde schreiben. Man habe S. aber zunächst das Warten empfohlen.
„Vertrauen in die Postbank komplett zerstört“
S. dachte bereits daran, anwaltlich gegen die Postbank vorzugehen. Weil das Geld nach sechs Tagen doch noch auf dem Girokonto auftauchte, sah S. von einer Klage ab. Eine neue Bank wird sich S. nun trotzdem suchen. „Nur muss ich sagen, dass wohl keine Bank wirklich besser ist.“ Eine andere große Bank werde im Sommer ebenfalls ihre IT-Systeme umstellen, und S. erwarte darum dort „das gleiche Theater“.
Sein Vertrauen in die Postbank jedenfalls ist „komplett zerstört“. Vorher habe er auch nie Probleme mit dem Institut gehabt. Die geplante IT-Migration habe die Bank ja auch angekündigt – „und es hieß, man müsse sich um nichts kümmern. Ich dachte ja auch, meine Güte, die haben ja genug Leute und genug Geld, die werden schon wissen, was sie tun. Doch scheinbar ist dem nicht so.“ Dabei ist S. selbst nicht unbedarft, was das Thema angeht: „Ich habe in meinem Berufsleben selbst viel mit Computern gearbeitet und weiß, so eine große EDV-Umstellung, das ist kein Spaß.“
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Während S. nun zumindest sein Erspartes wieder hat, halten die Probleme anderweitig offenbar an. Testweise habe S. einen einzigen Euro von seinem Giro- aufs Tagesgeldkonto überwiesen. „Das hat ne ganze Woche gedauert, bis dieser Euro auf dem Konto zu sehen war. Heute habe ich noch einen Tausender hinterhergeschickt. Mal schauen, wie lange diese Überweisung braucht.“ Dieses Mal sei das Geld schon nach einem halben Tag angekommen. „Immerhin sieht man die Fehler und bessert sie aus“. Eine weitere Überweisung danach habe nur 20 Minuten gedauert.
Postbank: „Möchten allen Kundinnen und Kunden im Falle von Schwierigkeiten weiterhelfen“
Dennoch suche S. nun nach einer neuen Bank. Er ist darüber hinaus sicher: Er ist kein Einzelfall. Tatsächlich erreichten FOCUS online Dutzende Zuschriften, in denen über vergleichbare Probleme und nicht erreichbaren Service geklagt wird. S. selbst berichtet: „Ich weiß von Mitarbeitern der Postbank selbst, dass viele Kunden derzeit riesige Probleme haben.“
Die Postbank wiederum teilte gegenüber FOCUS online mit: „Wir möchten allen Kundinnen und Kunden im Falle von Schwierigkeiten weiterhelfen. Da diese oftmals sehr individuell sind, so auch in diesem Fall, benötigen wir dafür die jeweiligen Kundendaten und im Falle von Medienanfragen auch eine Befreiung vom Bankgeheimnis.“ Ohne diese Daten könne die spezifische Ursache der Probleme nicht ermittelt werden. Weiterhin hieß es: „Ohne diese können wir die spezifischen Ursachen nicht ermitteln. Voraussichtlich handelt es sich in diesem Fall um eine Transaktion, die nicht sekundengenau, spätestens aber am Folgetag auf dem Referenzkonto des Kunden angezeigt wurde.“ Die Postbank bedauere die Unannehmlichkeiten, die beim Kunden entstanden sind.
Zudem, so das Institut, sei nicht bei jeder aktuellen Beschwerde die IT-Migration die Ursache. Im Rahmen der Verschmelzung von IT-Systemen der Postbank und der Deutschen Bank seien bereits vier Millionen Kunden auf eine gemeinsame Plattform umgezogen worden. Teilweise würden manche Kunden aufgrund veränderter Funktionalitäten im Online- und Mobile-Banking noch Schwierigkeiten haben. Man wolle diesen Kunden aber bestmöglich zur Seite stehen: „Um unsere Kundinnen und Kunden bei ihren Fragen zu unterstützen, haben wir seit März 2022 vorbereitende Schulungen für die Mitarbeitenden aller Kundenkanäle durchgeführt. Wir entschuldigen uns bei unseren Kundinnen und Kunden für mögliche Unannehmlichkeiten und helfen ihnen gerne individuell weiter. Dafür haben wir auch unsere Kapazitäten, beispielsweise in den Callcentern, entsprechend aufgestockt.“
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Author: Chelsea Martin
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