Etwa 2,5 Millionen Erwachsene in Deutschland haben ADHS – die Dunkelziffer dürfte noch höher sein.
Warum es gar nicht so leicht ist, eine Diagnose zu erhalten, erklärt Kirsten Riedelbauch vom Verein ADHS Deutschland.
SWR1: Wer sich bei Ihnen meldet, weiß entweder bereits, dass er ADHS hat, oder er vermutet es zumindest. Warum ist die Diagnose so schwierig?
Kirsten Riedelbauch: Die Betroffenen sind inzwischen Eltern und kommen mit der Diagnose der eigenen Kinder zu uns. Sie haben dann Parallelen gezogen, weil sie selbst in ihrer Kindheit nie diagnostiziert wurden. Jetzt ist es für die natürlich unglaublich schwierig, unterzukommen, weil wir viel zu wenige Ärzte haben, die das diagnostizieren können. Es gibt sehr lange Wartelisten in Deutschland, und dann ist natürlich auch immer noch das Stigma mit dabei. Wenn ich eine Diagnose habe, wie gehe ich damit um? Also überlegen sich viele vorher sehr gründlich, ob sie das machen.
SWR1: Jetzt können Außenstehende oftmals gar nicht so sehr nachvollziehen, warum das für Betroffene ein so großes Problem ist. Aber für die Betroffenen selber bedeutet ADHS oft einen sehr langen Leidensweg.
Riedelbauch: Ja, das ist richtig, weil sie die Diagnose noch nicht haben. Aber sie haben oft schon im Vorfeld eine Suchterkrankung oder eine Depression. Sie haben oft einen schweren Schulweg hinter sich, liegen beruflich weit unter ihren Möglichkeiten und das alles macht sich natürlich auch im sozialen Leben bemerkbar.
SWR1: Wie macht sich das bemerkbar im sozialen Leben?
Riedelbauch: Dass sie oft nur wenig oder auch gar keine Freunde haben, und dass sie finanziell nicht so gut dastehen. Das sind die großen Eckpunkte.
SWR1: Es gibt ja bundesweit Spezialambulanzen, die Betroffenen helfen also zum Beispiel auch an der Universitätsmedizin Mainz. Wie läuft so eine Behandlung ab?
Riedelbauch: Wenn Sie sagen, es gibt bundesweit Spezialambulanzen, das hört sich toll an. Es gibt aber leider davon viel zu wenige. Die Uni in Mainz ist ein Paradebeispiel, da ist wirklich eine sehr gute Versorgung. Eine Behandlung läuft dann folgendermaßen ab: Ich komme dorthin als Patient und durchlaufe erstmal die Diagnostik, weil eine fundierte Diagnose sehr wichtig ist. Die Therapie als solche ist immer patientenorientiert, also man schaut, wo liegen die Probleme? Und die werden dann in Angriff genommen. Das kann über eine Psychotherapie sein, das kann über eine Ergotherapie sein, bis hin natürlich zur medikamentösen Therapie.
SWR1: Kann man ADHS eigentlich heilen oder muss man einfach lernen, damit umzugehen?
Riedelbauch: ADHS ist eine chronische Erkrankung, die nicht heilbar ist. Aber viele Patienten schaffen es gut, durch feste Strukturen und Therapieprogramme, damit auch ein "normales Leben" zu führen.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Frank Jenschar.
Author: Laurie Villanueva
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